Zug aus Paris

Mit nationalen Tickets auf europäischen Schienen unterwegs.

Als ich hier über den Artikel von Jon Worth gestolpert bin, musste ich sofort an eine Urlaubsrückreise von der Kanalinsel Guernsey denken. Aber fangen wir vorne an….

Letztes Jahr kam die Idee auf, nochmal die Kanalinsel Guernsey zu bereisen. Auf der einen Seite finde ich Inseln spannend, auf der anderen Seite habe ich aus meiner Kindheit und durch meine Großeltern und Eltern einen persönlichen Bezug zu der Insel. Ich stimme in der Angelegenheit auch mit Victor Hugo und Pierre-Auguste Renoir überein, dass die Schönheit der Insel in jedem Fall auch eine Reise wert ist.

Das Ziel

Das Ziel stand also fest und übrig blieb die Frage der Anreise und der Abreise. Aus der Vergangenheit kannte ich verschiedene Möglichkeiten:

Mit dem Auto nach Saint Malo oder Cherbourg und dann mit der Autofähre übersetzen oder
mit dem Flugzeug über einen Zwischenstopp in England oder Irland

Die Anreise

Auf der Anreise sollte noch ein mehrtägiger Zwischenstopp in Dublin eingeplant werden, daher war hier die Entscheidung für die Anreise per Flugzeug schnell getroffen. Für die Rückreise stand die Idee im Raum, auch die Eisenbahn zu verwenden.

Anfangs war der Zwischenstopp in Dublin noch nicht auf der Tagesordnung. Aus dieser ersten Reiseplanung wusste ich, dass An- und Abreise in einem sinnvollen Preis-Leistungs-Verhältnis mit überschaubarem Organisationsaufwand nicht einfach zu realisieren sein würden, wenn man sich nicht einfach in die Hand von Fluggesellschaften begibt. Für eine einzelne Rückreise sollte das aber doch wohl möglich sein.

Der Plan

Bei der Planung kommt man schlecht um Paris herum, daher entschieden wir uns für Flüge von Guernsey nach Jersey, dann von Jersey nach Paris. Von Paris aus sollte es mit dem Zug nach Köln gehen und die letzten Kilometer mit dem Bus. Es wurden also Flugtickets gebucht, das war einfach in einer Buchung möglich. Bei den Bahntickets stellte sich die Frage Paris-Köln Ticket der DB oder bei der SNCF kaufen. Die Entscheidung fiel auf SNCF, da diese Strecke über die DB nicht direkt online gebucht werden konnte. Es ist eben die Deutsche Bahn und nicht die europäische Bahn.
Wir hatten jetzt ein Ticket für den SNCF Teil der Strecke von Paris bis Brüssel und einen Buchungscode für die Strecke von Brüssel nach Köln. Soweit so gut.

Der Hinweis

Auf der Quittung der Zug Buchung fand sich ein Hinweis zu dem Buchungscode für die Strecke Brüssel nach Köln. Zu dem Buchungscode könne man sich nur an Ticketautomaten der SNCF in Frankreich das Ticket ausdrucken. Als langjähriger Kunde der DB habe ich, schon aus Neugier, dennoch versucht der DB App auf Basis dieses SNCF Buchungscodes für die DB-Fahrt ein mobiles Online-Ticket zu entlocken; erfolglos. Also abwarten und vielleicht recherchieren, wo solche SNCF Automaten am Bahnhof in Paris zu finden sein könnten.

Dann verging einige Zeit zwischen der Planung und dem Reisetermin.
Die Anreise mit dem Flugzeug erfolgte wie erwartet: großes Flugzeug nach Dublin und später kleine Propellermaschine nach Guernsey.

Der Rückweg

Der Flug-Teil der Rückreise erfolgte mit etwas Verspätung, die aber keine Herausforderung für unseren Rückreise-Zeitplan darstellte. Etwas Aufenthalt auf dem Bahnhof wäre schon ganz gut, auch um an diese Tickets zu kommen.

Der Bahnhof Paris Charles de Gaulle

Der Bahnhof Paris Charles de Gaulle ist auf den ersten Blick etwas unübersichtlich. Die erste Hürde, den Weg zum richtigen Terminal finden und dann dort einen passenden Automaten für das Bahnticket finden, war nach einigen sachdienlichen Hinweisen genommen. So standen eine Reihe von Ticketautomaten in der Bahnhofshalle. Vor den Automaten wurde eine längere Menschenschlange durch einen Einweiser geordnet den einzelnen Automaten zugeordnet. Am Automaten angekommen ging es dann weiter: Die Sprache auf Englisch umgestellt und dann nach einiger Zeit endlich die Option zum Drucken von Tickets auf Basis von Buchungscodes gefunden – führte leider zu einer Fehlermeldung. Neuer Automat neues Glück – wieder eine Fehlermeldung. Inzwischen war die Aufmerksamkeit des Einweisers erlangt. Nach einigen weiteren Versuchen mit dem SNCF Buchungscode ein Ticket für die Strecke von Brüssel nach Köln mit der Deutschen Bahn zu bekommen, gab auch der Einweiser auf und verwies uns an das lokale Ticketoffice im Bahnhof.

Angekommen im Ticketoffice reihten wir uns wieder in einer Menschenschlange ein, um unserem Ticket in gedruckter Form einen Schritt näherzukommen. Angekommen am Ende der Schlange, konnte uns die freundliche SNCF-Mitarbeiterin direkt ein Ticket ausdrucken – bedauerlicherweise das falsche Ticket: Das Ticket von Paris nach Brüssel, für das wir schon bei der ersten Buchung ein „richtiges Ticket“ erhalten hatten.
Nach dem Vorzeigen unseres bereits vorhandenen Tickets und dem Hinweis, dass es um das Ticket von Brüssel nach Köln ginge, stellte die jetzt etwas ratlose Mitarbeiterin fest, dass sie ebenso, wie wir vorher, nur Fehlermeldungen anstelle eines gedruckten Tickets bekam. Jetzt wurde unser Ticket-Problem im Ticketoffice an die nächste Stelle eskaliert, einige Telefonate wurden geführt, weitere Versuche mit unserem Buchungscode wurden unternommen, jedoch ohne Ticket für uns. Durch die Eskalation nahm diese Ticketexpedition jedoch eine neue Wendung: Man sagte jetzt, dass man das Ticket nur in Brüssel an Automaten bekommen könne. Auch auf Nachfrage, dass sich in der Buchung ein gegenteiliger Hinweis, dass man nur innerhalb von Frankreich an Ticketautomaten der SNCF das Ticket ausdrucken könnte, blieb man dabei, dass unser Ticket nur in Brüssel an Ticketautomaten ausdruckbar wäre. Inzwischen war unsere eingeplante Pufferzeit komplett aufgebraucht und es blieb nichts anderes übrig als die neue Lösung, in Brüssel das Ticket auszudrucken, zu akzeptieren.

Der Bahnhof Brüssel

In Brüssel war nicht viel Pufferzeit eingeplant, daher blieb nur sehr wenig Zeit für Experimente an Ticketautomaten. Nach kurzer Zeit war klar, dass wir auch hier Hilfe im Ticketoffice benötigen würden. Auch hier konnte man uns schnell mit dem falschen Ticket helfen. Zu dem Ticket von Brüssel nach Köln wurden wir auf den uns schon bekannten Aspekt hingewiesen, dass das Ticket nur an Ticketautomaten von SNCF in Frankreich ausgedruckt werden könnte. Auf unseren Hinweis, dass wir mit der Aussage von SNCF Mitarbeitenden, dass wir das Ticket an Ticketautomaten in Brüssel bekämen, in Paris in den Zug gestiegen wären, breitete sich langsam Ratlosigkeit aus. Eine Mitarbeiterin im Ticketoffice meinte nach einiger Zeit, dass es sinnvoll sein könnte mit jemanden von der Deutschen Bahn zu sprechen, schließlich handele es sich ja um eine Verbindung der Deutschen Bahn. Die Mitarbeiterin fügte hinzu, dass gleich auch jemand von der Deutschen Bahn zur Abfertigung von Zügen käme, mit dem man mal sprechen könne.

Es erschien dann tatsächlich ein Mitarbeiter der Deutschen Bahn, dem die Sachlage geschildert wurde. Der Mitarbeiter war für die Abfertigung der Züge verantwortlich und konnte nichts direkt zum Ausdruck von Tickets an Automaten beitragen. Da inzwischen offensichtlich die Zeit knapp war, versprach der Mann mit dem Zugbegleiter des Zuges, für den wir unsere Tickets bezahlt hatten zu sprechen und dann würde man eine Lösung finden.

Der Zugbegleiter

Der gebuchte Zug von Brüssel nach Köln fuhr in Brüssel ein. Der Mitarbeiter der Deutschen Bahn sprach mit einem Zugbegleiter. Dieser Zugbegleiter sprach mit uns und wir stiegen ohne ausgedrucktes Ticket in den von uns gebuchten Zug. Später vermittelte uns der Zugbegleiter, dass er den uns betreffenden Sachverhalt jetzt einordnen könne, und wir ohne Sorge bis nach Köln weiterfahren könnten. Er hätte den Sachverhalt im Blick und würde diesen Zug ebenso bis Köln begleiten.

Bahnreisen in Zeiten der Digitalisierung

Bahnreisen sind immer wieder für Überraschungen gut, für die Reisenden, für Zugbegleitungen, für Mitarbeitende in Ticket-Büros und an Bahnhöfen. Bei unserer Reise ist aufgefallen, dass die meisten Personen sehr bemüht waren, die digitalen Barrieren im Zusammenhang mit unseren Tickets auszugleichen. Aus der Situation kann man jedoch auch verschiedenes Lernen:

  • So lange die Zusammenarbeit der verschiedenen Bahnunternehmen in Europa so schlecht reguliert ist, benötigt man entweder ein Reisebüro zur Unterstützung oder man bucht alle Streckenabschnitte einzeln bei den jeweiligen Bahnanbietern, die Züge auf den Streckenabschnitten betreiben.
  • Es ist viel einfacher in Europa durchgängig Flüge zu buchen als durchgängige Bahnverbindungen mit Zwischenstopps durch mehrere Länder.
  • Pufferzeiten können nicht umfangreich genug geplant werden.
  • So ausweglos solche Prozesse auch erscheinen mögen, mit Hilfsbereitschaft kann in realen Situation vermutlich oft weiter geholfen werden.